"Masernimpfpflicht"-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Am 18. August 2022 entschied das Bundesverfassungsgericht, die Pflicht nach § 20 Abs. 8 Satz 1 IfSG zum Nachweis einer Immunisierung gegen Masern (Masernimpfpflicht) sei verfassungskonform. Die Reaktionen auf die Entscheidung sind gespalten. Auf der einen Seite wird die Auffassung vertreten, das Bundesverfassungsgericht stelle die Prüfung der Verhältnismäßigkeit nahezu auf Leerlauf mit der Folge, dass sich auch in Zukunft jede gesundheitsrelevante Inpflichtnahme begründen lasse.
Auf der anderen Seite wird vertreten, der Vorwurf, die Entscheidung stelle die Verhältnismäßigkeitsprüfung auf Leerlauf, werde der Ausführlichkeit und der Tiefe nicht gerecht, mit der der Senat die widerstreitenden Grundrechte und Grundrechtsdimensionen gegeneinander abgewogen habe. Bei der Entscheidung handele es sich dogmatisch vielmehr um ein Lehrstück einer schulmäßigen Grundrechtsprüfung.
Eine dritte Auffassung erachtet die Begründung des Bundesverfassungsgerichts als zu dünn, die Mehrkosten und die Belastung für die Allgemeinheit rechtfertigten es, nicht vorzugeben, dass es reine Masernimpfstoffe geben muss. Das Gericht meint, ein Kombinationsimpfstoff, der zudem gegen Röteln, Mumps und Windpocken immunisiert, genüge auch, jedenfalls solange Eltern auf eigene Kosten einen reinen Masernimpfstoff aus der Schweiz importieren können.
Ich selbst bin der Meinung, das Bundesverfassungsgericht verkenne aufgrund eines von ihm angewendeten rechtsfehlerhaften Prüfungsschemas, dass der Gesetzgeber mit der "Masernimpfpflicht" keinen legitimen Zweck verfolgt und billige deshalb die Nötigung der Eltern, in die Impfung ihrer Kinder einzuwilligen, obwohl nicht ausgeschlossen ist, dass es an der Impfung stirbt.