"Unerträglicher" Freispruch?
Prof. Dr. Sucharit Bhakdi wurde vom Amtsgericht Plön freigesprochen. Ihm war von der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig Volksverhetzung vorgeworfen worden.
In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), wird dieser Freispruch als "unerträglich" kritisiert (Das gefährliche Gift der Schwurbler, FAZ vom 23. Mai 2023).
Das Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte n.e.V. (KRiStA) will in seiner Erwiderung vom 1. Juni 2023 aufzeigen, dass diese Kritik nicht nur allen Respekt vor einer unabhängigen Justiz vermissen lässt, sondern abseits jeder juristischen Argumentation Verfassungsprinzipien in Frage stellt. Müller-Jung lege die Axt an einen Pfeiler des Rechtsstaates an, das Prinzip in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten). Die Botschaft Müller-Jungs laute: "Wenn es um Antisemitismus geht, kann man ruhig auch mal einen Unschuldigen verurteilen".
Insoweit es um die Botschaft Müller-Jungs geht, erlaubt die Formulierung bei KRiStA eine ungenaue Interpretation. Müller-Jung bringt in seinem Text nicht zum Ausdruck, es könne die gezielte Verurteilung eines Unschuldigen erfolgen, um Antisemitismus zu begegnen. Vielmehr geht es Müller-Jung darum, auch mal die gutgläubige Verurteilungen eines Unschuldigen in Kauf zu nehmen. Auch geht es Müller-Jung nicht nur um die Bekämpfung von Antisemitismus, sondern um den Schutz des Verstandes vor seiner Vergiftung durch "Schwurbler" allgemein. Ich meine, die Botschaft Müller-Jungs laute: Wenn es darum geht, den Verstand vor einer Vergiftung durch "Schwurbler" zu schützen, müsse ein erhöhtes Risiko in Kauf genommen werden, dass eine Strafe auch einmal einen unschuldigen trifft. Damit ist die Botschaft Müller-Jungs aber nicht weniger gefährlich.